Die Lebenshilfe Kleve baut ein inklusives Viertel an der Wagnerstraße mit 16 Wohneinheiten und drei Wohngruppen mit Quartierszentrum.
KLEVE | Delia Hasenpusch hat schon am Vortag den Teig für die Brötchen gemacht, hat die Burger vorbereitet, die Spießchen mit Hühnchenfleisch und die Bruschetta. Sie alle lagen griffbereit ansehnlich sortiert auf dem langen vor einer tiefen Grube aufgestellten Tisch: Die Snacks für die Feier des Ersten Spatenstichs an der Wagnerstraße kamen nämlich nicht vom Caterer, sondern aus dem Haus der Lebenshilfe in Materborn, wo Hauswirtschaftsmeisterin Hasenpusch arbeitet. Denn für die Lebenshilfe ist es ein besonderer Tag: Das lange geplante Zentrum im Quartier Oberstadt soll gebaut werden. Mehr als neun Millionen Euro investiert der Verein dort in das Straßenviertel Beethovenstraße / Wagnerstraße in das ambulante Wohnquartier für Menschen mit und ohne Unterstützungsbedarf direkt neben der Lebenshilfe-Kita Lebensfluss.
Hier entstehen in schick in sich verschachtelten und ins Stadtviertel eingepasste Backsteinbauten 16 Wohneinheiten zwischen 45 und 110 Quadratmeter Größe und drei Wohngruppen. 44 Bewohnerinnen können in dem inklusiven Quartier ein Zuhause finden. Dazu Familien, die in der Stadt in Citynähe eine Wohnung suchen, von der man zu Fuß die Kita, die Beuys-Gesamtschule oder das eoc.-Einkaufszentren erreichen kann. Das Ganze firmiert letztlich als „Neubau eines Mehrfamilienhauses mit Quartierzentrum, Sozialstation und Tiefgarage“.
Geplant hat das Viertel mit 17 unterirdischen und zehn oberirdischen Stellplätzen Architektin Gabriele Bühner-Nellesen von Völling-Architekten aus Goch. Es ist energetisch nach dem KfW-55-Standard geplant, die Gärten sollen naturnah und insektenfreundlich gestaltet werden. Der dreigeschossige Komplex ist stark gegliedert, sodass er wie aus mehreren Bauten mit unterschiedlichen schrägen Dächern zusammengesetzt wirkt. Darin sind dann die Mietwohnungen, inklusive Appartements und eben die drei Wohngruppen sowie ebenerdig das Quartierszentrum untergebracht. Der Haupteingang im Innenhof ist großzügig verglast. Nach dem Motto „Miteinander leben – füreinander da sein“ sollen niedrigschwellige Begegnungsmöglichkeiten, soziale Kontakte, kulturelle Angebote und nachbarschaftliche Unterstützung vernetzt werden.
Dabei musste die Lebenshilfe spitz rechnen – denn der Baubeginn des schon länger projektierten Vorhabens fiel in Corona- und Ukraine-Kriegs-Zeiten. „Aber dann haben wir beschlossen, das zu wagen“, sagt Gudrun Hütten, Vorsitzende der Vertreterversammlung der „Lebenshilfe – Leben und Wohnen“. Das Projekt wird größtenteils mit öffentlichen Fördermitteln und als größtem Dahrlehnsgeber der Sparkasse finanziert. „Trotz aller globalen Krisen packen wir das jetzt an, zumal die Lebenshilfe in diesem Jahr auch 50 Jahre alt wird“, sagt Hütten.
Sie freue sich, dass sich die Stadt entschlossen habe, das von der Hochschule Rhein-Waal begleitete Quartiersprojekt als „Modellkommune“ fortzuführen. Hier werde die Weiterentwicklung der Oberstadt vorangetrieben – und das auch noch ganz im Sinne der Inklusion, wo Menschen mit Unterstützungsbedarf im Quartier eingebunden sind und wahrgenommen werden dürfen. Es sei mit der Verbindung von Wohnen, Wohngruppen, Sozialstation und Quartiersmitte ein Meisterstück entstanden, so Gudrun Hütten. Auch Kleves Bürgermeister Wolfgang Gebing freute sich, dass er jetzt vor der Baugrube des Projektes stehen durfte. „Wir sind ganz begeistert von dem jetzt heranwachsenden Bauvorhaben“, sagte er. Das Vorhaben bringe die Integration mitten ins Quartier und biete vielfältige Möglichkeiten auch für Menschen, die sich in Stadtnähe „kleiner“ setzen möchten.
„Das ist ein Mittelpunkt für das Quartier in unserer Stadt“, lobte Gebing das Engagement der Lebenshilfe.